Der Schnupfen – wie wir ihn vermeiden

Haatschi! Es kommt der Herbst und mit ihm für viele auch der erste Schnupfen. Wie erklärt die TCM eine Erkältung? Und was lässt sich dagegen machen, dass sie zu häufig wiederkommt? Dies ist der erste Teil über den Schnupfen, in dem es darum geht, wie wir vorbeugen und eine Erkältung möglichst verhindern können. Im zweiten Teil wird es dann darum gehen, was sich machen lässt, wenn der Schnupfen bereits begonnen hat.

Zunächst zur Theorie. Nach den Vorstellungen der Traditionellen Chinesischen Medizin kommt es dann zu einem Schnupfen, wenn Wind-Kälte von außen über die Poren der Haut in den Körper eindringt und den Funktionskreis Lunge erreicht. Zum Funktionskreis Lunge zählen neben der anatomischen Lunge auch die oberen Atemwege, die Nase mit allen Nebenhöhlen, Hals und Rachen mit den Rachenmandeln, sowie die Eustachischen Röhren als innere Verbindung zum Mittelohr. Deshalb geht es bei einem Eindringen von Wind-Kälte in den Funktionskreis Lunge eigentlich nicht nur um einen Schnupfen, sondern immer auch um mögliche weitere Infekte, wie eine akute Bronchitis, eine Tonsillitis, eine Sinusitis oder eine Mittelohrentzündung.

Mit unserem heutigen Wissen über Viren und Bakterien kann die Geschichte mit dem kalten Wind und den Poren der Haut vielleicht den einen oder anderen zum Schmunzeln bringen. In Wirklichkeit aber lässt sich aus diesem Beispiel sehr gut eine grundlegende Eigenheit der TCM erklären, die sie gerade so wertvoll macht. Im antiken China hatte man von der Existenz der Mikroorganismen und ihrer Rolle in der Entstehung von Erkältungskrankheiten natürlich noch keine Ahnung. Was man also tun konnte, war zu beobachten und ganzheitliche Zusammenhänge aufzuspüren. Aus den Beobachtungen ergibt sich zunächst einmal, dass es große Unterschiede gibt, wie anfällig jemand gegenüber Erkältungskrankheiten ist und wie, also mit welchen Symptomen und welchem Verlauf er auf sie reagiert. Außerdem beschäftigte die TCM die offensichtlichen Zusammenhänge zwischen dieser Art von Erkrankungen und den klimatischen Einflüssen, die wiederum auf die Haut einwirken. Aus den Beobachtungen erstellte die TCM ein in sich schlüssiges Modell, das die Entstehung und den Verlauf von Erkältungskrankheiten erklären kann. Wichtig aus der Sicht der TCM ist dabei nicht, dass das Erklärungsmodell mit dem neuesten Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse standhalten kann, sondern – und darin macht der typisch chinesische Pragmatismus keinerlei Kompromisse – dass es in seiner Umsetzung sowohl in der Prävention als auch in der Behandlung von Schnupfen und Erkältungen funktioniert.

Die Wind-Kälte, Auslöser für den Schnupfen, dringt also über die Poren der Haut in das Körperinnere ein. Die Haut hängt nach der TCM mit dem Funktionskreis Lunge zusammen. Es ist die Lunge, welche das Qi unter der Haut verteilt und dadurch die Körperoberfläche wärmt, nährt und das Öffnen und Schließen der Poren kontrolliert. Dabei kommt genau genommen nicht das Lungen-Qi selbst zum Einsatz, sondern das sogenannte Abwehr-Qi (chin. weiqi), welches mit Ersterem zwar nicht gleichzusetzen ist, aber doch unmittelbar mit ihm zusammenhängt: ist das Lungen-Qi schwach, so leidet auch das Abwehr-Qi.

Das Öffnen und Schließen der Poren ist eine heikle Angelegenheit. Einerseits müssen die Poren geöffnet werden, um durch das Schwitzen die Körpertemperatur zu regulieren, andererseits bedeutet ein Öffnen der Poren immer auch, dass der Körper dem Angriff von widrigen klimatischen Einflüssen relativ schutzlos ausgesetzt ist. Besonders schwierig sind plötzliche Temperaturwechsel, wie zum Beispiel ein Luftzug, eine kühle Klimaanlage mitten im heißen Sommer, ein windige Abfahrt mit dem Rad nach einer schweißtreibenden Steigung, ein Spaziergang im Freien nach einer warmen Dusche. Schwierig sind generell auch die Übergangszeiten, also Herbst und Frühling: erst sitzt man in der warmen Sonne und schwitzt, dann verdeckt eine Wolke die Sonne, Wind kommt auf und es wird sehr schnell kühler. In all diesen Fällen muss das Abwehr-Qi schnell reagieren und die Poren rechtzeitig wieder schließen. Die Fähigkeit dazu kommt zum einen von einem ungehinderten, harmonischen Qi-Fluss (wir würden von einer guten peripheren Durchblutung sprechen, in der TCM spricht man von einem ungestauten Leber-Qi) und zum anderen von der Kraft des Abwehr-Qi selbst. Und man kann diese Fähigkeit zum Glück trainieren: saunen, kneippen und regelmäßige (leicht schweißtreibende) körperliche Bewegung sind die allerbesten Mittel dazu.

Schwierig wird es mit der Abwehr auch bei einer Schwäche des Lungen- und des Abwehr-Qi. Um die Poren zu schließen braucht es Kraft, also Qi. Fehlt diese Kraft, so kommt es unter anderem zu spontanem Schwitzen: die Haut wird ganz ohne Anstrengung oder Hitze feucht, das Qi kann den Schweiß einfach nicht zurückhalten. Spontanes Schwitzen ist ein Zeichen für eine sehr weitreichende Qi-Schwäche der Lunge, doch auch bei einer geringeren Qi-Schwäche kann das Abwehr-Qi die Oberfläche oft nicht ausreichend schützen, der äußere Wind hat ein leichtes Spiel. Um häufige Erkältungen vorzubeugen ist also auch ein starkes Lungen-Qi (und in der Folge ein starkes Abwehr-Qi) sehr wichtig. Die erste und unersetzbare Maßnahme dafür ist eine tiefe, freie Atmung von guter Luft. Wer Qigong praktiziert weiß: je tiefer und freier die Lungenatmung ist, desto stärker wird das Qi und desto besser kann es durch den Körper zirkulieren. Außerdem kann das Lungen-Qi sehr gut durch eine Qi-tonisierende Ernährung gestärkt werden, ergänzt im Idealfall durch die wertvollen Qi-Tonikas der chinesischen Kräuterheilkunde: Astragalus (huangqi), Ginseng (renshen) oder Eleutherococcus (ciwujia) um nur die wichtigsten zu nennen. Die Hühnerbrühe im Anhang ist ein Beispiel unter vielen.

Wichtig ist es außerdem, das Lungen-Qi nicht durch übermäßigen Schleim zu blockieren, denn das beeinträchtigt seine Qi verteilende Funktion sehr stark. Der Schleim sammelt sich immer dann in der Lunge, wenn der Funktionskreis Milz (also die Umwandlung) mit einer zu stark befeuchtenden Ernährung nicht mehr fertig wird. Besonders bei kleinen Kindern ist dies oft ein großes Problem, denn ihre noch sehr schwache Umwandlungsfunktion der Milz neigt besonders schnell zur Ansammlung von Feuchtigkeit und Schleim. Außerdem beinhaltet gerade die Ernährung von Kindern unglücklicherweise oft sehr viele stark befeuchtende Nahrungsmittel und Speisen: Süßigkeiten, Fruchtjoghurt, Milchgetränke, Eis, Schokoriegel, Fruchtsäfte, süße Mehlspeisen und Kuchen sind eine extreme Belastung für eine schwache Milz und landen schnell als Schleim in der Lunge, wo sie dem Lungen-Qi die Arbeit schwer machen. Wenn deinem Kleinen also eine Rotzfahne aus der Nase hängt, wenn er häufig die Nase voll oder die Bronchien verschleimt hat, so solltest du ihm beistehen und ihm erlauben, auf die oben genannten Speisen zu verzichten ;-).

Haben wir bislang nur über das Qi gesprochen, so ist es nun wichtig, eine weitere Waffe des Körpers gegen eindringende Wind-Kälte zu nennen: das Yang. Die Stärke des Yang bestimmt die Fähigkeit des Organismus, sich warm zu halten und die Wärme auch bis in die Peripherie und unter die Haut zu schicken. Und ein starkes Yang ist eine wichtige Grundlage für das Abwehr-Qi, welches die Oberfläche ja auch wärmt und mit dieser eigenen, nach außen strömenden Wärme die eindringende Kälte zurückhalten oder zurückdrängen kann. Ein Yang-schwacher Körper tendiert dazu, seine wenige Wärme und das Qi ins Innere zurückzuholen, die Oberfläche und die Extremitäten kühlen dabei besonders schnell aus und geben äußeren Kälte-Übeln den Weg frei. Da über die Abhärtung und die Ernährung zum Stärken des Yang schon geschrieben wurde, erübrigt sich dies an dieser Stelle.

Mit etwas Hausverstand und Augenmaß können viele der angesprochenen Maßnahmen zur Stärkung der Abwehr in Eigenregie vorgenommen werden. Wer es genauer wissen will, kann durch eine gründliche Befundung mit Zungen- und Pulsdiagnose feststellen lassen, ob einer starken Anfälligkeit gegen Erkältungskrankheiten eine Qi- oder Yang-Schwäche zugrunde liegt, oder ob das Qi durch Ansammlung von Schleim oder eine starke Stagnation in seiner Bewegung behindert wird. Im nächsten Artikel werden wir uns dann mit den verschiedenen Phasen einer Erkältung beschäftigen und damit, was wir tun können, um ihren positiven Verlauf zu unterstützen und was wir unterlassen sollten, um die Situation nicht weiter zu verschlimmern oder zu chronifizieren.

Rezepte:

Süßreiscongee mit Kakao

1 Tasse Klebereis (auch Süßreis genannt)
4 Tassen Wasser
1 EL ungezuckerter Kakao
Vollrohrzucker (oder ein anderes mildes Süßmittel) nach Geschmack
etwas schwarzer Pfeffer aus der Pfeffermühle
1 Prise Salz
1 Spritzer Zitronensaft

Den Klebereis mit dem Wasser auf kleinster Flamme und zugedeckt so lange kochen, bis er beginnt zu zerfallen (circa 40 Minuten, aber ruhig auch länger). Nach Abschluss der Kochzeit alle anderen Zutaten dazugeben und gut umrühren. Den Pfeffer frisch über das fertige Congee mahlen.

Klebereis ist nach der TCM ein ausgezeichnetes Tonikum für das Milz-Qi. Bei stark verschleimten Lungen sollte naturgemäß mit dem Zucker gespart werden. Das Rezept ist ein sehr gutes und sättigendes Frühstück.

Hühnerbrühe mit Astragalus

1 Huhn, geputzt und gewaschen, die Haut und das Fett entfernt
3 Stück Frühlingszwiebeln
3 Scheiben frischer Ingwer
30 g Astragalus (chin. huang qi)
6 Stück chinesische Jujuben (auch rote Datteln, chin. da zao)

Das Huhn in kochendes Wasser geben und 2-3 Minuten lang kochen lassen. Dann das Kochwasser wegschütten und das Huhn mit 2-3 Litern frischem Wasser und allen anderen Zutaten bis auf die Frühlingszwiebeln 2 ½ Stunden lang auf kleinster Flamme köcheln lassen. Ab und zu den Schaum abschöpfen. Zum Schluss die Brühe nach Geschmack mit Salz oder Sojasoße würzen und mit den Frühlingszwiebeln servieren.

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