Die Hirse

Die Hirse war das erste Getreide in der Geschichte der Menschheit. In weiten Teilen Afrikas und Asiens dient Hirse auch heute noch als ein Grundnahrungsmittel, während sie aus den Küchen der westlichen Welt weitgehend verschwunden ist. Goldhirse, deren Kolben viele nur mehr aus Vogelkäfigen kennen, ist hierzulande die gebräuchlichste Art, weitere verwandte Arten von Getreide sind der Teff und die Hiobsträne (in der chinesischen Heilkräuterlehre als yiyiren bekannt).

Hirse harmonisiert und stützt die Mitte

Nach der Chinesischen Medizin hat Getreide insgesamt die wertvolle Eigenschaft, die beiden Funktionskreise Milz und Magen (zusammen auch „die Mitte“ genannt) zu stärken und deren Qi zu stützen. Auf gut Deutsch bedeutet das, dass Getreide im Vergleich zu vielen anderen Nahrungsmitteln mit vergleichbarem Nährwert relativ leicht verdaulich ist und dem Körper eine gleichmäßige und anhaltende Energieversorgung ermöglicht. Aus diesem Grund ist es meist eines der ersten und wichtigsten Anliegen eines Ernährungsberaters nach der TCM, seine Kunden dazu zu bringen, mehr hochwertige Getreide zu verwenden. Keine leichte Aufgabe, denn das meiste, was an Getreide den Weg in eine moderne Küche findet, ist von der Idealvorstellung der alten Chinesen meilenweit entfernt. Besonders raffiniertes Weizenmehl besitzt keine einzige der positiven Eigenschaften von Getreide, dafür aber Wirkungen, die die Gesundheit langfristig gefährden. Durch den hohen Anteil an Gluten stellt Weizen (ganz gleich ob Vollkorn oder nicht) eine starke Belastung für den Dünndarm dar; im chinesischen Sinne belastet er den Funktionskreis Milz durch Feuchtigkeit und Stagnation. Zudem destabilisiert Weißmehl durch den hohen glykämischen Index den Blutzuckerspiegel, was nach der TCM einer Schwächung der Milz durch einen exzessiv süßen Geschmack entspricht.  Die Folge sind ein hoher Insulinspiegel und Heißhunger auf Süßes. Im Vergleich zu einem solchen gesundheitlichen Schreckgespenst wirkt die Hirse nahezu wie ein Wundermittel. Sie vereint alle Vorzüge, die das Getreide nach der Chinesischen Medizin haben kann, und sollte den zu Mehl gemahlenen Weizen zusammen mit anderen vollwertigen Getreidesorten so oft wie möglich ersetzen.

Ein gutes Bauchgefühl

Immer mehr Menschen klagen über Verdauungsbeschwerden unterschiedlichster Art: Blähungen, Völle- und Druckgefühl, unvollständiger oder unbefriedigender Stuhlgang, Verstopfung oder ungeformter Stuhl. Man gewöhnt sich mit der Zeit wohl daran, aber für viele sind die unangenehmen Gefühle in Magen und Darm ein ständiger Begleiter. Allen diesen Menschen möchte ich ans Herz legen, es zur Probe einmal mit Hirse zu versuchen, zubereitet ganz nach Belieben mit gekochtem Gemüse, gekochtem Obst, Fleisch, Fisch oder Eiern. Hirse macht nämlich ein wirklich gutes Bauchgefühl, und das nicht im Sinne einer guten Intuition, sondern wortwörtlich. In der Chinesischen Ernährungslehre sagt man der Hirse nach, sie „harmonisiere“ das Qi der Mitte, sie sorge also dafür, dass in der Verdauung alles rund läuft, das Magen-Qi absinkt und das Milz-Qi aufsteigt. Diese Funktion der Hirse ist gerade bei den immer häufiger werdenden nervös bedingten Verdauungsstörungen wertvoll. Für Menschen mit einer schwachen Verdauung sollte Hirse also so oft wie möglich auf dem Tisch stehen, vor allem abends, wenn die Bekömmlichkeit der Speisen besonders wichtig ist.

Hirse macht schön

Viele Frauen schlucken Hirsekapseln, um Haut, Haare und Nägel zu festigen. Zu Recht, denn Hirse enthält jede Menge leicht resorbierbare Nährstoffe, ja sie gilt Dank ihrem hohen Gehalt an Kieselsäure, Eisen, Fluor, Zink und B-Vitaminen sogar als das mineralstoffreichste Getreide überhaupt. Die Chinesen wussten bereits vor mehr als zwei Jahrtausenden, dass Hirse das Milz-Qi stärkt, die Nieren festigt und das Blut nährt. Ersteres ist interessant bei Problemen mit Krampfadern, Hämorrhoiden, einer mangelnden Elastizität der Blutgefäße, Anfälligkeit für Bandscheibenprobleme und faltiger Haut. Die Festigung der Nieren zeigt sich in einer verbesserten Festigkeit von Zähnen und Knochen. Das Nähren des Blutes schließlich sorgt für eine bessere Nährstoffversorgung von Haut, Nägeln und Haaren. Es darf für die Schönheit also weiterhin Hirse geschluckt werden, allerdings besser aus dem Kochtopf und nicht aus Kapseln. In dem Rezept für das Anti-Falten-Frühstück werden drei Nahrungsmittel kombiniert, die schön machen, jedes auf seine Art. Zwei davon, gekochte Äpfel und Gouqi-Beeren, gelten in China seit jeher als Schönheits-Elixiere. Die Hirse macht das Trio vollständig. Besonders wohltuend ist die Hirse für Frauen in und nach den Wechseljahren. Durch die Blut-nährende, die Nieren festigende und leicht kühlende Wirkung ist sie ein Gegenmittel bei innerer Hitze, Durst, Bluthochdruck, Unruhe oder Schlafstörungen.

Wie kocht man Hirse?

Nichts leichter als das. Hirse sollte man vor dem Kochen immer kurz spülen, am besten mit heißem Wasser. Das verbessert sowohl den Geschmack, als auch die Bekömmlichkeit. Dann gibt man die Hirse mit der doppelten Menge Wasser in einen Topf, lässt das Wasser aufkochen, reduziert die Hitze auf das Minimum und deckt den Topf zu. Nach ca. 15-20 Minuten ist die Hirse gar. Lockerer wird die Hirse, wenn man sie nach dem Garen noch ein paar Minuten lang zugedeckt nachquellen lässt. Statt dem Wasser können zum Kochen auch Brühe, Milch oder ein verdünnter Obstsaft verwendet werden. Ich empfehle, das Salz erst nach dem Garen zum Getreide zu geben, weil auf diese Weise viel Salz eingespart werden kann. Gekochte Hirse hält sich im Kühlschrank 3 Tage lang. Sollte sie dabei austrocknen, kann man beim Aufwärmen noch etwas Flüssigkeit dazu geben.

Frisch gekochte Hirse hat einen eigenen, irgendwie metallischen Geschmack, der vielen nicht besonders zusagt. Ich empfehle deshalb Rezepte, in denen die Hirse gekocht und dann noch einmal gewärmt wird, zum Beispiel in Form von Aufläufen, Bratlingen oder einfach in der Pfanne. Auf diese Weise entwickelt die Hirse ihr herrlich mildes Aroma. Unwiderstehlich golden.

Rezepte:
Superschnelles Hirsefrühstück mit Banane und Ingwer

1 Banane
1 Tasse gekochte Hirse (ohne Salz gekocht)
etwas Ghee oder Butter
½ TL getrockneter Ingwer
ein paar Spritzer Zitronensaft
etwas abgeriebene Zitronenschale
1 Prise Salz

Die Banane im Ghee wärmen, bis sie leicht glasig und weich wird, dann die restlichen Zutaten dazu geben und leicht verrühren. Sollte die Hirse bereits seit mehr als einem Tag im Kühlschrank stehen und deshalb leicht eingetrocknet sein, kann man auch 1-2 EL Wasser unterrühren. Für dieses Rezept braucht man ganze 120 Sekunden: welches waren noch mal die Vorwände gegen ein warmes Frühstück?

Hirsebrätlinge mit Gemüse und Masala

1 Lauch
1 Karotte
1 Zucchino
150 g Hirse
1 Ei
½ TL Garam Masala
1 EL Mehl
Salz, Olivenöl oder Ghee

Die Hirse in Wasser garen (für Bratlinge sollte die Hirse etwas weicher sein, dann halten sie besser zusammen). Die Gemüse sehr klein schneiden und in einer Pfanne mit etwas Olivenöl braten. Besonders gut schmeckt es, wenn die Gemüse dabei leicht gebräunt werden. Alle Zutaten miteinander vermengen, kleine Bratlinge formen und bei nicht zu starker Hitze in einer Pfanne mit etwas Ghee oder Olivenöl braten. Die Bratlinge können natürlich auch im Rohr gebacken werden. Mit einem Salat oder einem Gemüsegericht servieren. Diese Bratlinge lassen sich wunderbar ins Büro oder auf eine Reise mitnehmen, weil sie kalt fast noch besser schmecken als warm.

Hirseauflauf salzig

150 g Hirse
800 g Spinat, Mangold oder ähnliches
½ Esslöffel Ghee
1 Knoblauchzehe
Muskat, nach Geschmack auch Koriander und Zimt
200 g Feta
1 Ei
Salz

Die Hirse in Wasser kochen. Inzwischen das Gemüse dämpfen, gut ausdrücken und eventuell etwas zerkleinern. In einem Topf den gehackten Knoblauch im Ghee wärmen, das Gemüse darin schwenken und mit Salz und den Gewürzen abschmecken. Den gewürfelten Feta, das Eigelb und die inzwischen gekochte Hirse zugeben und verrühren. Zum Schluss das zu Schnee geschlagene Eiweiß unterheben. In eine mit Butter bestrichene und mit Brotbröseln ausgestreute Backform füllen und im Rohr bei mittlerer Hitze backen, bis sich eine leichte Kruste bildet.

Wirsingwickel mit Hirse und Fleisch

8 große Wirsingblätter
120 g Hirse
200 g faschiertes Schweinefleisch
1 Ei
Koriander, Zimt, Muskat
1 Knoblauchzehe
400 ml Tomatensauce (passata di pomodoro)
Olivenöl und Salz

Die Wirsingblätter kurz blanchieren und den harten Strunk entfernen. Die gekochte Hirse, das Fleisch und das Ei vermischen und mit Salz und den Gewürzen abschmecken. In jedes Wirsingblatt 1/8 der Masse geben und das Blatt zu einem Wickel zusammen falten (eventuell binden). In einer Pfanne eine Knoblauchzehe in etwas Olivenöl wärmen, die Tomatensauce dazu geben und salzen. Die Wickel auf die Sauce setzen und zugedeckt bei schwacher Hitze auf beiden Seiten dünsten.

Ein Schönheitsfrühstück

1 Apfel (Bio mit Schale)
1 Hand voll Gouqi-Beeren
1 Tasse gekochte Hirse (ohne Salz gekocht)
1 Prise Salz
etwas Butter oder Ghee

Den Apfel in Scheiben schneiden und in etwas Ghee sanft anbraten, dann 1-2 EL Wasser aufgießen und zugedeckt auf kleiner Flamme ein paar Minuten dünsten lassen, bis er weich ist (ganz nach Geschmack). Die Gouqi-Beeren dazu geben und kurz mitkochen lassen, dann die Hirse unterrühren, nach Geschmack salzen und servieren.
Dieses Frühstück enthält drei der wirkungsvollsten Anti-Falten-Mittel der TCM.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert