Die Mandel

Die Wahl der Mandel hat diesmal ganz klar jahreszeitliche Gründe. Nach der Theorie der fünf Wandlungsphasen entspricht dem Herbst die Trockenheit. Das bedeutet sowohl, dass theoretisch im Herbst trockenes Klima vorherrschen sollte, die Trockenheit also sozusagen zum Herbst gehört wie die Kälte zum Winter und dies für den menschlichen Organismus „normal“ sein sollte, es bedeutet aber auch, dass die dem Herbst zugeordneten Funktionskreise – Lunge und Dickdarm –  auf übermäßige Trockenheit im Herbst besonders sensibel reagieren. Die Mandel deshalb, weil sie eines der besten Nahrungsmittel ist, um diese beiden Funktionskreise zu befeuchten.

Soweit die Theorie. Doch bei uns in Europa wartet man auf einen wirklich trockenen Herbst in den meisten Jahren umsonst und auch Probleme mit Trockenheit in Lunge und Dickdarm konzentrieren sich demgemäß nicht auf diese Jahreszeit. Wir sollten uns deshalb die Freiheit herausnehmen die Geschichte mit der Trockenheit etwas zurechtzubiegen: die größten Probleme mit der Trockenheit haben wir im Winter, bedingt durch das Heizen – oder Überheizen –  der Räume. Und spätestens dann werden wir uns hoffentlich dankbar an die Mandel erinnern.

Die Mandel hat einen sehr starken Bezug zum Funktionskreis Lunge. Sie ist für die Lunge, was der Stangensellerie für die Leber ist: die Antwort auf (fast) alle Probleme. Die stärkste Wirkung der Mandel auf die Lunge ist eine befeuchtende. Der Funktionskreis Lunge neigt sehr stark dazu auszutrocknen. Das hat zum einen mit seiner riesigen Oberfläche zu tun (die Haut und die Poren der Haut gehören in den Einflussbereich dieses Funktionskreises), als auch damit, dass über das Schwitzen, das Atmen und das Sprechen sehr viel Feuchtigkeit verloren geht. Trockenheit im Funktionskreis Lunge macht sich an einem trockenen Husten oder einem Reizhusten bemerkbar, an trockener Haut oder an trockenen Stühlen. Im letzten Fall betrifft die Trockenheit auch den Funktionskreis Dickdarm, welcher eng mit der Lunge zusammenhängt und deren Tendenz zum Austrockenen teilt. Auch bei Probleme, die mit trockener Haut zusammenhängen wie zum Beispiel Neurodermitis, sind Mandeln eine sehr gute Wahl. In diesen Fällen können wir neben dem Essen von Mandeln auch sehr gut von außen mit Mandelöl nachhelfen. Besonders günstig bei Trockenheit ist es, die Mandeln mit Nahrungsmittel zu kombinieren, die selbst eine befeuchtende Wirkung auf die Lunge ausüben, so etwa Honig oder Zucker, Birnen oder – wenn sie vertragen werden – Milchprodukte.

Die Mandel wirkt nicht nur oberflächlich befeuchtend, das heißt sie liefert dem Körper nicht nur Substanz für mehr Körpersäfte. Sie nährt und stützt das Yin und reicht damit bis an die Wurzel des Nährens heran. Das Yin kommt der grundlegenden Fähigkeit des Organismus gleich, sich immer wieder neu zu regenerieren, alle Gewebe ausreichend zu ernähren und genügend Blut und Körpersäfte zu produzieren. Die Mandel nährt das Yin der Lunge und des Funktionskreises Niere. Letzteres macht sie auch für ältere Menschen zu einem ausgezeichneten Nahrungsmittel, denn das Yin des Funktionskreises Niere zu schützen bedeutet auch Schutz vor Osteoporose, Bluthochdruck und Diabetes.

Das Schöne an der Mandel ist, das sie trotz ihrer befeuchtenden Wirkung relativ leicht verträglich bleibt und auch was Lunge und Dickdarm betrifft nicht so schnell zu übermäßiger Verschleimung und Durchfall führt, wie vergleichbar befeuchtende Nahrungsmittel, also zum Beispiel Milchprodukte. Dennoch sollte man bei Verschleimung der Atemwege und Durchfall mit den Mandeln naturgemäß sehr sparsam umgehen. Die relativ leichte Verträglichkeit der Mandel zeigt sich auch darin, dass sie, obwohl ein ziemliches Kalorienpaket, nicht leicht zu einer Gewichtszunahme führt, ja sogar hilfreich dabei ist, das Gewicht zu halten oder zu senken. Wie bei allen keimfähigen Kernen und Saaten kann man auch bei der Mandel durch ein kurzes Ankeimen sowohl die Verträglichkeit als auch den Nährwert steigern. Dafür lässt man die Mandeln über Nacht in frischem Wasser weichen. Nach einem Wechseln des Einweichwassers können die Mandeln weitere 2-3 mal für 12 Stunden eingeweicht bleiben. Wichtig ist diese Prozedur vor allem dann, wenn man die Mandeln mitsamt der braunen Haut verwenden will, da diese ansonsten nur sehr schwer verträglich ist.

In der TCM wird der Mandel außerdem die Fähigkeit zugeschrieben, Schleim (chinesisch tan) zu lösen. In Bezug auf die Lunge sind damit Katarrhe gemeint, die mehr oder weniger fest sitzen und sich durch die befeuchtende Wirkung der Mandel besser abhusten lassen. Ein weiterer wertvoller Aspekt ihrer schleimlösenden Wirkung ist die Fähigkeit der Mandel, einen zu hohen Cholesterinwert nach unten zu korrigieren.

Und – last but not least – stärkt die Mandel die Lunge, sie tonisiert also deren Qi. Aus diesem Grund kann die Mandel nicht nur bei trockenem Husten, bei Reizhusten oder bei Husten mit fest sitzendem Schleim eingesetzt werden, sondern auch bei einer Schwäche des Lungen-Qi. Die Mandel ist deshalb in der Traditionellen Chinesischen Medizin ein Mittel der Wahl bei Asthma und Kurzatmigkeit.

Rezepte:

Mandelmilch

Die einfachste Methode, um Mandelmilch selbst zu machen ist es natürlich, Mandelmus mit Wasser zu verrühren und nach Geschmack zu süßen. Hier ein etwas aufwändigeres Rezept, das aber große Befriedigung verschafft.

125 g Mandeln (ohne braune Schale)
50 g weißer Zucker
Wasser

Die Mandeln mit dem Zucker in einem Standmixer fein mahlen, dann ½ Liter heißes Wasser (ca. 70°) dazu geben und noch eine Minute weiter pürieren. 30 Minuten stehen lassen, dann durch ein sauberes Küchentuch seihen und den Rückstand gut ausdrücken. Ergibt etwas mehr als 250 ml Mandelmilch. Es kann natürlich auch mit dunklerem Zucker gesüßt werden, aber dann verliert die Mandelmilch ihr unschuldiges Weiß…

Mandelpudding
(leicht abgeändertes Rezept von Pietro Leemann)

250 ml Mandelmilch (nach Geschmack gesüßt)
1 kleine Prise Salz
2 geh. EL Maisstärke
3 Orangen
150 g Erdbeeren
Kardamom
frischer Ingwer
2 EL Vollrohrzucker

Etwas von der Mandelmilch mit der Stärke klumpenfrei anrühren, zusammen mit dem Rest der Milch aufkochen und kurz unter ständigem Rühren eindicken lassen. In 4 Gläser füllen und kalt stellen.
Die Orangen schälen und mit einem scharfen Messer die Filets herauslösen. Den Saft auffangen. Die Orangenfilets mit etwas Kardamom und 1 EL Vollrohrzucker marinieren. Die Erdbeeren in kleine Stücke schneiden und mit dem Orangensaft, einem TL Ingwersaft und einem EL Vollrohrzucker marinieren. Das Obst in die Gläser füllen und mit dem Saft auffüllen. Mit einem Blatt Zitronenmelisse oder Minze servieren.

Lungen-Booster

Mandeln und Walnüsse zu gleichen Teilen leicht rösten, dann mahlen und mit so viel Honig vermischen, dass sich kleine Konfekte formen lassen.
Diese Schleckerei stärkt und befeuchtet die Lunge gleichzeitig.

Orangen-Birnencrumble mit Mandeln
(für 6 Personen)

3 Orangen
3 Birnen (nicht zu weiche Sorte)
etwas Schale von einer unbehandelten Orange
1 EL Vollrohrzucker
50 g Butter
100 g Mandeln, gerieben
100 g volles Dinkelmehl
2 EL Honig
1 TL getrockneter Ingwer
1 TL Zimt
1 Prise Salz

Die Butter sanft schmelzen und mit dem Honig gut verrühren. In ein kaltes Gefäß umschütten, Mandeln und Mehl, Salz und Gewürze dazu geben und so kurz wie möglich verrühren. Die Bröselmischung in den Kühlschrank geben.
Die Orangen filetieren und dabei den Saft auffangen, die Birnen schälen und in Scheiben schneiden. Die beiden Obstsorten mit etwas gehackter Orangenschale und dem Vollrohrzucker vermischen. Das Obst in eine ofenfeste Form geben und die Brösel locker darüber streuen. Bei 180° in den vorgeheizten Ofen geben, bis die Birnen weich sind und die Crumbles goldbraun.

Mandelcongee
(pro Portion)

50 g Rundkornreis
15 g Mandeln

Den Reis mit mindestens 200 ml Wasser auf kleinster Flamme so lange kochen, bis er beginnt, sich aufzulösen. Kochdauer und Wassermenge fallen bei verschiedenen Reissorten unterschiedlich aus.  Die Mandeln kleinhacken (nach Geschmack kann man sie auch mahlen) und 10 Minuten vor dem Ende der Kochzeit dazugeben. Nach Belieben abschmecken.

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